Nach der Eröffnung der „Kleinen Thüster Ladens“ haben uns viele Zuschriften erreicht. Darunter auch einige kleine Geschichten, Ankedoten und Fotos. Die wollen wir unseren Kunden natürlich nicht vorenthalten.
Alfred Sachße, Hamburg
An Frau Tanja Flügel „THUESTER DORFLADEN“
Habe mich mal wieder in Ihrem Laden umgesehen. Dabei ist mir ein wichtiges Ereignis in Thüste in Erinnerung gekommen. In der 3-klassigen Volksschule war Oberlehrer Lohmann wohl die markanteste Person. Im Sommer holte er zur Pause sein Schifferklavier hervor und spielte Volkslieder während wir Kinder dazu im Reigen umhertanzten. Dabei strahlte er über das ganze Gesicht. Das habe ich heute noch vor Augen.
Darüber hinaus organisierte Hr. Lohmann Sommerreisen für die erwachsene Dorfbevölkerung. Nach dem Krieg hatte sich die Einwohnerzahl durch die Flüchtlinge dramatisch erhöht. Thüste hatte 1950 1089 Einwohner, davon waren 464 Flüchtlinge, die ohne Neubauten oder Containersiedlung untergebracht werden mußten. Das ging nur über Zwangs-Einquartierung. Im wesentlichen lief das friedlich ab, aber es herrschte keine Freundlichkeit zwischen den Alt-Einwohnern und den Neuankömmlingen.
1953 hat Lehrer Lohmann erstmals eine große Sommer-Busreise in die Alpen organisiert. Mit einem Bus der „Deutschen Eisenbahn-Betriebsgesellschaft aus Duingen, fuhr man los. Einheimische und Flüchtlinge. Und auf dieser Reise, die auch meine Mutter (Flüchtling aus Ostpreußen) mitmachte, kamen sich die beiden Gruppierungen näher. Meine Mutter kannte von da an viele Dorfbewohner, grüßte und wurde gegrüßt. Das Eis war gebrochen! Ich weiß nicht, ob Hr. Lohmann das so vorausgesehen hat, aber es geschah und es war gut für alle.
Mit freundlichem Gruß!
Alfred Sachße, Hamburg
von Ute Wentzel, Kanada
Hallo Tanja,
eine ganz tolle Sache, die Du da in Angriff genommen hast.
Meine kleine Erinnerung an den kleinen Laden ist, dass wir Schulkinder in
der 50ger Jahren in den Pausen immer ueber die Strasse gelaufen sind und
haben uns fuer 25 Pfennig Sauerkraut aus dem Fass gekauft.
Marlies hat das Sauerkraut auf ein Stueck Pergamentpapier gegeben und dann
hatten wir einen gesunden (hatten es damals aber noch nicht gewusst) Snack.
Ich glaube Marlies wurde dieses auch manchmal ein bisschen zu bunt, wenn da
so 10 Kinder standen um ihr Sauerkraut zu kaufen.
Viel Erfolg,
Ute
Jürgen Bröstedt, Hameln
Posaunenchor und Tanzmusik
„1933 gründete Pastor Ludwig Schwabe einen kirchlichen Posaunenchor“ – so kurz und so knapp in der Thüster Chronik oder bei Wikipedia nachzulesen. Als im Jahr 1956 die Feuerwehrkapelle Wallensen gegründet wurde, bildeten routinierte Bläser aus Thüste – zunächst unter Leitung von Günter Bandowski – das Fundament des neuen Klangkörpers. Das musikalische Repertoire des Posaunenchores hatte sich schon lange nicht mehr auf Choräle oder geistliche Musik beschränkt, weil es sich ergeben hatte, dass er z. B. bei Festumzügen oder Stänchen gebraucht wurde und dabei auch für Stimmung sorgen konnte.
In den folgenden Jahren unterstützten sich die Bläser von Posaunenchor und Feuerwehr gegenseitig. Einige von ihnen arbeiteten bei der Firma Stichweh. Jürgen Rißling lernte dort Maschinenschlosser und wenn er mit der Bahn zur Berufschule fuhr, hatte er oft seinen Posaunenkoffer dabei, weil er in Hameln Unterricht nahm. Einige andere, jüngere Bläser aus Wallensen waren als Aushilfen ebenfalls in Thüste gern gesehen.
Anlässlich eines Schützenfestes Anfang der 60-er Jahre gab es eine ganz besondere Herausforderung für den Posaunenchor. Am Sonnabend Nachmittag hatte er wie damals üblich die Würdenträger des Schützenvereins nach Hause und die letzten Überlebenden ins Festzelt begleitet. Dort war die Aufregung groß, denn es deutete sich an, dass die Festkapelle nicht erscheinen würde, weil der alte Meier aus Lauenstein vermutlich zwei Termine gleichzeitig angenommen hatte. Ersatz war auf die Schnelle nicht zu finden, und den überraschten Posaunenchor-Musikanten wurde erklärt: „Dann müsst Ihr das heute Abend machen!“ Da gab es keine Widerworte, und die Musikanten nahmen ohne Murren ihre Plätze auf dem Podium ein.
Was tun? Tanzmusik war nicht wirklich das Metier der Posauenbläser. Manchmal ist es ganz einfach: Alle hatten ihre Notenhefte vom Umzug dabei, teilweise handgeschriebene Noten mit Marschliedern und Melodien, die fast jeder kannte. Und so ziemlich am Ende gab es auch einen Walzer. Der große Festball konnte beginnen. Die Musik begann mit ihrem ersten Stück und die Tanzfläche füllte sich zunächst nur zögerlich. Aber der Kellerwirt aus Wallensen hatte flotte Bedienungen und nach kurzer Zeit kam Stimmung in den Laden. Ganz besonders, wenn Horst Stüben auf seiner Posaune das Herz zerreißende Nebensolo des „Edelweiß-Walzers“ intonierte. Wenn das gute Dutzend der Musikstücke heruntergespielt war, fing man einfach bei Nr. 1 wieder an, und das Publikum war zufrieden. Je später der Abend wurde, umso mehr wurde gelobt: „Ihr könnt das viel besser als der alte Meier“ – und so ging das bis zum frühen Morgen weiter.
Gerald M. Weinberger
Von: Gerald M. Weinberger
Gesendet: Donnerstag, 8. September 2011 09:28
An: fluegel@thueste.de
Betreff: THUESTER DORFLADEN
Liebe Frau Fluegel,
herzlichen Glückwunsch zur Idee und Umsetzung – habe geschmunzelt als ich las dass der Sohn „dialektverwirrt“ war : beziehe das auf mich – nicht meinen Bruder- weil ich das kölsche und bayerische verbunden mit sächsisch 1956 noch mit nach Thueste importiert habe!!
Es gäbe ja noch vieles zu Originalen zu sagen – z.B. -der „Wunderheiler“ Erich Meske- Vater meines Freundes Hans-Jürgen der Bustourismus und Gaststättenumsätze nach Wallensen und Thueste brachte- abgesehen davon dass er sich einen norddeutschen Ruf als Heilexperte erwarb oder: Günther Gehrke: der umtriebige Betriebsratsvorsitzende und „Gegenspieler“ – oder eher Partner – meines Vaters. Ein toller Mann von dem ich viel gelernt habe – hat mir in meiner General-Direktor Karriere immer wieder als Antrieb gedient wie man mit Mitarbeitern umzugehen hat.
– oder „Flugrost-Meyer“- er hiess so weil er der einzige in der Grube war, der wusste wie die weitverzweigten wasserleitungen miteinander verknüpft waren.Wenn er an den Leitungen schraubte und klopfte stob der Flugrost auf sodass er in der Waschkaue immer rot wie ein Indianer auftauchte: ich hab mal 2 Wochen mit ihm gearbeitet: 58 Pfennig/Stunde! War er nicht der Vater meiner Badefreundin Annegret?
Die Passage Klopsch sollte man bei Gelegenheit doch ein wenig der Realität anpassen:weiss niemand mehr wie er wirklich ums Leben kam und was wirklich vorher geschehen war? Das hat Laudien- dem kaufmännischen Leiter von Humboldt- den Job gekostet.
Soweit erst mal meine spontane Reaktion- und nochmals Glückwunsch: grüssen Sie bitte meinen alten Freund Herward: wenn ich mal mehr Zeit habe und Sie es interessiert krame ich noch ein wenig in der Historienkiste: wie wärs mit einer Hommage für Otto Schneidler- den stolzen Oberregierungsrat und seinen lieben Töchtern S.,D, und Pünktchen?
Ihr Gerald M. Weinberger
Datum: Sun, 11 Sep 2011 16:06:48 +0200
Von: „Tanja Flügel“
An: „Gerald M. Weinberger“
Betreff: AW: THUESTER DORFLADEN
Guten Tag Herr Weinberger,
vielen Dank für Ihre nette Mail. Wenn es Ihnen recht ist, würden wir sie gerne im Kleinen Thüster Laden aufnehmen und veröffentlichen. Denn genau das wollten wir erreichen: das Thüster mit Freude in der ‚Historienkiste‘ kramen und Gespräche und Erinnerungsaustausch wie in einem echten kleinen Laden entstehen.
Das was Sie heute dort finden, ist ein Auszug aus dem reichhaltigen Material, was ich in vielen Gesprächen und in munterer Runde mit ‚Ur-Thüster‘ protokolliert habe. Natürlich erinnert man sich in Thüste z.B. auch allzu gut an die anderen Seiten von Hans Klopsch und über das bittere
Ende kursieren unterschiedliche Variationen. Viele der dramatischsten und auch witzigsten Begebenheiten aus der damaligen Zeit haben wir allerdings auch bewusst nicht oder nicht mit Namen veröffentlicht, denn wir wissen nicht ob allen Beteiligten die Erinnerung angenehm ist. Wir möchten mit unserer Internetseite niemanden verletzen und nehmen bei bereits Verstorbenen auch Rücksicht auf deren Nachkommen.
An den von Ihnen angebotenen Geschichten über weitere Thüster Originale sind wir natürlich sehr interessiert. Als ich Bekannten gegenüber die genannten Namen erwähnte, war die spontane Reaktion: „Ach ja genau! Die hätten wir ja auch noch mit aufnehmen müssen. Ach wie war das noch…“ und schon war das Schwelgen wieder in vollem Gange. Wenn Sie uns also dazu noch etwas Material liefern möchten, sind Ihnen gespannte Leser schon gewiss.
Ich freue mich, wieder von Ihnen zu hören.
Viele Grüße
Tanja Flügel
Von: Gerald M. Weinberger
Gesendet: Montag, 12. September 2011 09:05
An: „Tanja Flügel“
Betreff: AW: THUESTER DORFLADEN
Liebe Frau Fluegel:
ich melde mich in den nächsten Wochen nochmals detaillierter – kann Ihre
Reaktion hinsichtlich Klopsch nachvollziehen.
Ansonsten einstweilen viel Erfolg für das Projekt:viel Arbeit!!
Ihr G.M.Weinberger
Udo König, Tündern
Hallo Frau Flügel,
als ehem. Thüster (Humboldtstr. 105) habe ich mit mit großer Freude
Ihre Web-Site „Kl. Thüster Laden“ angeschaut. Mein Vater ,Friedrich König,
war tech. Werksleiter im „Schacht“. Er war begeisterter Fotograf und zeichnete
auch viele Ereignisse mit seinem Tonbandgerät auf.
Noch etwas zur Beziehungstat. Der Getötete hieß Konrad Pleuger. Ein Foto von
Konrad Pleuger und die von meinem Vater Gehaltene Grabrede (Gen.Probe) füge
ich als Anhang bei. Leider hatte dieses Tonbandgerät keinen „Gleichlauf“. Erst
am Ende der Aufnahme ist die Sprache normal.
[…]
Viele Grüsse aus Tündern
Udo König
Hier ist das Tondokument der Generalprobe:
Christiane Feder
Hallo, Familie Flügel,
Habe gerade eine alte Postkarte meiner Urgroßmutter (die Uromma!), gelesen und fand Ausdrücke meiner Kindheit ín Hannover-Linden wie Schnoppentost, Schietbüdel, flötjepiepen. Kam dann beim Stöbern des Internets auf Ihre Seite und fand mich in der Kindheit wieder. Die HANNÖVERSCHEN WÖRTERBÜCHER besitze ich zwar, aber man guckt viel zu wenig rein.
Danke für Ihre Zusammenstellung der wichtigsten Ausdrücke! Gut gemacht, ‚kannste übere Straße und umme Ecke zum Bäcker schlurren und ein Stück Erchdbeertorchte holen‘. Keiner kann Garten, warten, Torte sagen wie die Hannoveraner!!
In diesem Sinne liebe Grüße aus dem Osnabrücker Land,
Christiane Feder
Alfred Sachße, Hamburg
Hallo liebe Leute!
Hier noch einmal schriftlich etwas über das Fernsehen in Thüste! Den ersten Fernseher im Dorf kaufte Hr. Schomburg der in der ehemaligen Molkerei einen Kachelofen-Handel betrieb. Als er den Fernseher kaufte, das muß 1953 gewesen sein, konnte man im ganzen Tal noch keine Sendungen empfangen weil die umliegenden Berge den Empfang verhinderten. Es mußte erst eine Relaisstation errichtet werden die in das Tal strahlte. Die muß spätestens im Frühjahr 1954 auf Sendung gegangen sein, denn zur Fußball-Weltmeisterschaft funktionierte der Empfang.
Der Pächter des Gasthofes Sonnemeyer, Hr. Winkler, hatte im Gastzimmer einen Fernseher aufstellen lassen. Dazu hatte Tischler Wecke eine Konsole angefertigt, die über dem Kachelofen rechts von der Durchgangstür zum Hinterzimmer (Fensterseite) angebracht wurde. Zu den Spielen mußte man 50 Pfennig Eintritt bezahlen, für uns Jungen absolut unerschwinglich. Wir haben uns dann am Fenstersims (Straßenseite) hochgezogen und haben wohl einige verschwommene Bilder gesehen. Man konnte sich da nicht lange halten, aber das Siegtor hat man durch das Gebrüll der Zuschauer im Gasthaus schon mitbekommen!
Durch den Winklerschen Fernseher haben wohl viele Thüster erste Bekanntschaft mit der Glotze gemacht.
Eine Erinnerung ist meines Erachtens auch an Lehrer Heiligenstedt sinnvoll. In Heimatkunde zogen wir mit ihm in einen stillgelegten Steinbruch, unsere „Dschungelgrube“ backten am Lagerfeuer Mehlfladen und Lehrer Heiligenstedt las uns von Uruk, einem Germanen abendteuerliche Geschichten aus frühgermanischer Zeit vor. Wo hat es so etwas schon gegeben?
Vieleicht können sich noch Einige an mich, Alfred Sachße, oder meine Schwester Ingrid erinnern! Wir sind im August 1959 nach Hameln gezogen. Aber Thüste mit dem Schacht und den stillgelegten Steinbrüchen, wo wir unbegrenzt umhertoben konnten, wird mir stets in guter Erinnerung bleiben. Und evtl. hat mein Interesse an Geschichte, das mich vor 2 Jahren, als Rentner, dazu bewegte, mich bei der Uni Hamburg für diese Fach einzuschreiben, auch etwas mit Uruk dem alten Germanen zu tun!
mit herzlichem Gruß!
Alfred Sachße